Das Wort „Kanzel“ kommt vom lateinischen bzw. italienischen „cancelli“, „Gitter, Schranken“. Bis ins Mittelalter war das Lesepult (Ambo) als Ort der Predigt im Chorraum nahe der Chorschranken aufgestellt, die diesen von der Gemeinde abtrennten. Die erhöhte Kanzel ist eine Erfindung des Predigerordens im 13. Jahrhundert. Je mehr Bedeutung die Predigt bekam, umso mehr wurden die Kanzeln künstlerisch ausgestaltet. Sie haben ihren Ort an einer Säule im Kirchenschiff (noch heute z.T. mit umklappbaren Rückenlehnen im vordernen Gestühl) oder am Chorbogen. Beim Kanzelaltar ist die Kanzel in den Altaraufbau (Retabel) oder in die Altarwand integriert. Luther bevorzugte die Stellung am Chorbogen, weswegen auch in der Barockzeit manche an diesem Ort festhielten und den Kanzelaltar ablehnten. Die Kanzel wird auch als „Predigtstuhl“ bezeichnet. In manchen Traditionen erfolgte die Predigt im Sitzen von einem Stuhl aus.
Die Kanzel besteht in der Regel aus einem Kanzelfuß (außer beim Kanzelaltar), dem Kanzelkorb, dem Kanzeldeckel (Schalldeckel) und dem Kanzelaufgang. Als Kanzelfuß dienen oft Figuren des Mose (Pilgramsreuth), Simson (Mistelgau) oder Engel (Joditz). Der Kanzelkorb – meist achteckig mit fünf sichtbaren Seiten, im Rokoko auch rund wie eine „Bütt“ – weist häufig mit seinen Darstellungen von Christus als dem Retter (griechisch Soter) und den Evangelisten auf den Inhalt der Predigt hin. Am Kanzelaufgang finden sich in Markgrafenkirchen Engel, Propheten oder die zwölf Apostel. An der Unterseite des Kanzeldeckels schwebt fast immer der Heilige Geist in Gestalt der Taube auf die Predigerin bzw. den Prediger herab. Der Kanzelkorb wird manchmal von Engeln (Neustadt am Kulm) oder Mose und Johannes dem Täufer (Thurnau) getragen. Oben triumphiert in evangelischen Barockkirchen meist der auferstande Christus. Manchmal verkörpert der Erzengel Michael als Drachentöter den Sieg über den Tod (Berg, Pilgramsreuth). Oft fordern Schriftbänder an Kanzelkorb oder -deckel zum Hören auf das Wort Gottes auf, z.B. mit dem Zitat aus Lukas 11,28: „Selig sind, die das Wort Gottes hören und bewahren“ (Wunsiedel) . Eine besondere Rolle spielen in Markgrafenkirchen auch die Vorhänge rund um die Kanzel (Benk, Weidenberg).
Bild: Kanzel in der St. Bartholomäuskirche Mistelgau mit den typischen Elementen: Kanzelfuß (Simson), Kanzelaufgang (Apostel), Kanzelkorb (Christus und Evangelisten), Kanzeldeckel (getragen von Engeln, Unterseite: Heilig-Geist-Taube, Bekrönung: Auferstandener)
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